Östrogen in den Wechseljahren

Lupe über einem Papiermodell der Eierstöcke
Östrogen ist eines der zentralen Hormone im Körper. Es erfüllt zahlreiche Aufgaben, die über die Fortpflanzung hinausgehen, und spielt eine wichtige Rolle für deine Gesundheit. Besonders in den Wechseljahren durchläuft der Östrogenspiegel Veränderungen, die sich auf viele Bereiche deines Körpers auswirken können. In diesem Artikel erfährst du, welche Funktionen Östrogen hat, wie sich der Hormonhaushalt in den Wechseljahren verändert und welche Behandlungsoptionen es gibt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Östrogen und wie wirkt es?

Östrogen ist ein wichtiges weibliches Geschlechtshormon. Es wird hauptsächlich in den Eierstöcken, in geringeren Mengen auch in den Nebennieren und im Fettgewebe gebildet. Während der Pubertät fördert Östrogen die Entwicklung der Brust und den Beginn des Menstruationszyklus [1].

Funktionen von Östrogen:

  • Regulation des Menstruationszyklus: Fördert das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut in der ersten Zyklushälfte [1]
  • Fortpflanzung: Unterstützt die Eizellreifung und schafft gute Bedingungen für eine Schwangerschaft [1]
  • Knochengesundheit: Hilft, die Knochendichte zu erhalten, und reduziert das Osteoporoserisiko [4]
  • Haut und Haare: Fördert Hautelastizität und gesundes Haarwachstum [1]
  • Herz-Kreislauf-System: Beeinflusst Blutfettwerte positiv und kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen [1]

Östrogen im Zusammenspiel mit anderen Hormonen

Vor den Wechseljahren arbeiten Östrogen und Progesteron eng zusammen, um den Menstruationszyklus zu regulieren. Östrogen fördert in der ersten Zyklushälfte den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, während Progesteron nach dem Eisprung deren Stabilität sichert. Dieses Zusammenspiel sorgt für einen regelmäßigen Zyklus und optimale Bedingungen für eine Schwangerschaft. [1]

Neben Progesteron spielt auch Testosteron eine wichtige Rolle im hormonellen Gleichgewicht. Östrogen reguliert die Wirkung von Testosteron und sorgt für ein harmonisches Zusammenspiel der Hormone. Während Östrogen den Menstruationszyklus und typische weibliche Prozesse steuert, ist Testosteron unter anderem für die Muskelmasse, das Energieniveau und die sexuelle Lust verantwortlich. [1]

Das hormonelle Gleichgewicht wird zusätzlich von Stresshormonen wie Cortisol beeinflusst. Ein erhöhter Cortisolspiegel kann die Wirkung von Östrogen und anderen Hormonen ins Ungleichgewicht bringen, was sich in Symptomen wie Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit äußern kann. [3]

Was passiert mit Östrogen in den Wechseljahren?

Die Wechseljahre gehen mit bedeutenden hormonellen Veränderungen einher. Zu Beginn schwanken die Spiegel von Östrogen und Progesteron stark, bevor sie allmählich und schließlich dauerhaft abnehmen. Diese Prozesse markieren das Ende der fruchtbaren Lebensphase und können verschiedene Beschwerden hervorrufen.

Phasen der Wechseljahre

Die hormonellen Veränderungen der Wechseljahre lassen sich in vier Phasen unterteilen, die jeweils unterschiedliche Merkmale aufweisen:

  • Prämenopause: Diese Phase beginnt meist ab dem 40. Lebensjahr. Die Östrogenproduktion wird unregelmäßiger, was sich in Zyklusschwankungen und ersten Beschwerden wie Stimmungsschwankungen äußern kann [5].
  • Perimenopause: In den Jahren vor und um die letzte Regelblutung sinkt der Östrogenspiegel deutlich ab. Viele Frauen erleben in dieser Zeit Hitzewallungen, Nachtschweiß und Gelenkschmerzen. Auch Konzentrationsprobleme und eine verminderte sexuelle Lust sind typische Begleiterscheinungen dieser Phase [5].
  • Menopause: Der Zeitpunkt der letzten Menstruation. Dieser wird rückblickend festgestellt, wenn die Regelblutung zwölf Monate lang ausgeblieben ist
  • Postmenopause: Nach der letzten Menstruation bleibt der Östrogenspiegel dauerhaft niedrig. In dieser Phase können Beschwerden wie vaginale Trockenheit, ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen sowie Osteoporose auftreten. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt, da Östrogen eine schützende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System hat [4, 5].

Hormonelle Schwankungen und ihre Auswirkungen

In den Wechseljahren führt das Ungleichgewicht zwischen Östrogen und Progesteron zu unterschiedlichen Symptomen:

Östrogendominanz

In der Perimenopause kann es zu einem relativen Überschuss an Östrogen kommen. Durch einen oft fehlenden Eisprung wird nicht ausreichend Progesteron gebildet. Ein Ungleichgewicht zwischen diesen beiden Hormonen entsteht. Dabei ist der Östrogenspiegel nicht unbedingt zu hoch, sondern einfach nur im Verhältnis zu Progesteron zu stark. Typische Symptome sind:

  • Starke oder lange Blutungen
  • Brustschmerzen
  • Wassereinlagerungen
  • Verstärkte Beschwerden vor der Menstruation

Eine ballaststoffreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung, Stressabbau und eine ausgewogene Lebensweise können helfen, die Beschwerden zu lindern. [3]

Östrogenmangel 

Ein ausgeprägter Östrogenmangel tritt meist gegen Ende der Perimenopause auf. Typische Symptome sind: [4,5]

  • Hitzewallungen und Nachtschweiß
  • Vaginale Trockenheit
  • Schlafstörungen 
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Herzrasen bzw. Herstolpern
  • Stimmungsschwankungen
  • Haut- und Haarveränderungen 
  • Knochenabbau

Behandlungsmöglichkeiten bei Östrogenmangel

Die Behandlung von Beschwerden, die mit einem Östrogenmangel einhergehen, sollte individuell erfolgen. Zu den Optionen gehören: [4]

  • Hormonersatztherapie (HRT): Kombinationen aus naturidentischem Östrogen und Progesteron lindern Symptome eines Östrogenmangels wie Hitzewallungen, vaginale Trockenheit und Schlafstörungen. Die Therapie erfordert regelmäßige ärztliche Kontrollen, um mögliche Nebenwirkungen zu minimieren.
  • Phytoöstrogene: Pflanzliche Östrogene wie Isoflavone aus Sojaprodukten können unterstützend wirken, insbesondere bei leichteren Beschwerden. Die Anwendung sollte jedoch mit einem Arzt oder einer Ärztin abgestimmt werden.
  • Pflanzliche Medikamente: Präparate mit Traubensilberkerze (Cimicifuga) zeigen nachweislich eine Wirkung [2]. Andere pflanzliche Mittel wie Rhapontik-Rhabarber, Ginseng oder das hormonfreie Präparat Fezolinetant zeigen ebenfalls positive Effekte. Studien belegen, dass der Extrakt aus Rhapontikrhabarber durch seine Interaktion mit Östrogenrezeptoren typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen lindern kann [8]. Diese Mittel sind vielversprechend, auch wenn weitere Forschung notwendig ist, um ihre langfristige Wirksamkeit zu bewerten [6, 7, 8, 9]. Sprich die Einnahme mit einem Arzt oder einer Ärztin ab, um Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen zu vermeiden.

Östrogenwert überprüfen lassen

Bei Beschwerden in den Wechseljahren kann eine gynäkologische Untersuchung Klarheit schaffen. Die Therapie orientiert sich dabei an den klinischen Symptomen und nicht allein an den Blutwerten. Sollte keine ausreichende Linderung der Beschwerden erzielt werden, kann eine Überprüfung der Hormonwerte, wie Östrogen, FSH (follikelstimulierendes Hormon), LH (luteinisierendes Hormon) oder gegebenenfalls Testosteron, sinnvoll sein.

Eine frühzeitige Diagnostik und individuelle Therapieoptionen ermöglichen es, die Beschwerden gezielt zu lindern. Je nach Befund kann die Ärztin oder der Arzt entscheiden, ob beispielsweise pflanzliche Präparate, Hormonersatztherapie oder andere Maßnahmen infrage kommen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen helfen, die Therapie optimal an die individuellen Bedürfnisse anzupassen.

Fazit

Die Wechseljahre bringen individuelle Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten zur Behandlung mit sich. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und Stressmanagement können helfen, Beschwerden zu reduzieren und das Wohlbefinden zu fördern. Falls notwendig, können medizinische Behandlungen wie die Hormonersatztherapie eingesetzt werden, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Quellen

[1] Glossar: Östrogen. Gesundheitsinformation. https://www.gesundheitsinformation.de/glossar/oestrogen.html (Abgerufen am: Oktober 2024).

[2] What are the symptoms of high estrogen? Medical News Today. https://www.medicalnewstoday.com/articles/323280 (Abgerufen am: Oktober 2024).

[3] Wechseljahrsbeschwerden selbst lindern. Gesundheitsinformation. https://www.gesundheitsinformation.de/wechseljahrsbeschwerden-selbst-lindern.html (Abgerufen am: Oktober 2024).


[4] Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Diagnostik und Interventionen in der Peri- und Postmenopause: Leitlinienprogramm. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf (Abgerufen am: September 2024).

[5] Mögliche Beschwerden in den Wechseljahren. Frauengesundheitsportal. https://www.frauengesundheitsportal.de/themen/wechseljahre/moegliche-beschwerden-in-den-wechseljahren/ (Abgerufen am: Oktober 2024).


[6] Barton, D.L., et al. (2018). Fezolinetant in Women With Moderate to Severe Vasomotor Symptoms Associated With Menopause. Menopause: The Journal of The North American Menopause Society. https://doi.org/10.1097/GME.0000000000001130 .

[7] Franco, O.H., et al. (2016). Use of Plant-Based Therapies and Menopausal Symptoms: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2529629  (Abgerufen am: Oktober 2024). 

[8] Vollmer, G., et al. (2010). Treatment of menopausal symptoms by an extract from the roots of rhapontic rhubarb: the role of estrogen receptors. Chinese Medicine. https://cmjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1749-8546-5-7 (Abgerufen am: Oktober 2024).

[9] Kim, J.H., et al. (2013). Ginseng and Its Role in the Management of Menopausal Symptoms. The Journal of Ginseng Research. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23717154/ 

Mitwirkende Autor:innen

  • Esther Berndt ist Physiotherapeutin und hat Gesundheit und Management (B.Sc.) studiert. Seit 2021 unterstützt sie das Content Development Team im Bereich Bewegung.

  • Das MENO! Redaktionsteam setzt sich aus erfahrenen und qualifizierten Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Dazu gehören Expert:innen aus den Bereichen Medizin, Ernährungswissenschaft/Ökotrophologie, Sport- und Gesundheitswissenschaften sowie der klinischen Psychologie. Unser Ziel ist es, allen Leser:innen verlässliche, gut verständliche und wissenschaftlich fundierte Gesundheitsinformationen zu bieten. Jeder Artikel wird sorgfältig auf Aktualität, Fachlichkeit und eine wertfreie Darstellung geprüft, um zu einer informierten und offenen Auseinandersetzung mit dem Thema beizutragen.

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