Was ist Östrogen und wie wirkt es?
Östrogen ist ein wichtiges weibliches Geschlechtshormon. Es wird hauptsächlich in den Eierstöcken, in geringeren Mengen auch in den Nebennieren und im Fettgewebe gebildet. Während der Pubertät fördert Östrogen die Entwicklung der Brust und den Beginn des Menstruationszyklus [1].
Im Körper liegt Östrogen in drei Formen vor [10]:
- Östradiol (E2) ist das wirksamste und dominierende Östrogen während der fruchtbaren Jahre.
- Östron (E1) überwiegt nach der Menopause und entsteht vor allem im Fettgewebe.
- Östriol (E3) ist das schwächste der drei und spielt insbesondere in der Schwangerschaft eine Rolle.
In der modernen Hormontherapie wird vor allem bioidentisches Östradiol eingesetzt, da es dem körpereigenen Hormon entspricht und gezielt Beschwerden der Wechseljahre lindern kann. Es wird oral (Tabletten) oder transdermal (Gel, Pflaster, Spray) verabreicht. Lies hier mehr über die Hormonersatztherapie.
Funktionen von Östrogen:
- Regulation des Menstruationszyklus: Fördert das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut in der ersten Zyklushälfte [1].
- Fortpflanzung: Unterstützt die Eizellreifung und schafft gute Bedingungen für eine Schwangerschaft [1].
- Knochengesundheit: Hilft, die Knochendichte zu erhalten, und reduziert das Osteoporoserisiko [4].
- Haut und Haare: Fördert Hautelastizität und gesundes Haarwachstum [1].
- Herz-Kreislauf-System: Beeinflusst Blutfettwerte positiv und kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen [1].
Östrogen im Zusammenspiel mit anderen Hormonen
Vor den Wechseljahren arbeiten Östrogen und Progesteron eng zusammen, um den Menstruationszyklus zu regulieren. Östrogen fördert in der ersten Zyklushälfte den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, während Progesteron nach dem Eisprung deren Stabilität sichert. Dieses Zusammenspiel sorgt für einen regelmäßigen Zyklus und optimale Bedingungen für eine Schwangerschaft. [1]
Neben Progesteron spielt auch Testosteron eine wichtige Rolle im hormonellen Gleichgewicht. Östrogen reguliert die Wirkung von Testosteron und sorgt für ein harmonisches Zusammenspiel der Hormone. Während Östrogen den Menstruationszyklus und typische weibliche Prozesse steuert, ist Testosteron unter anderem für die Muskelmasse, das Energieniveau und die sexuelle Lust verantwortlich. [1]
Das hormonelle Gleichgewicht wird zusätzlich von Stresshormonen wie Cortisol beeinflusst. Ein erhöhter Cortisolspiegel kann die Wirkung von Östrogen und anderen Hormonen ins Ungleichgewicht bringen, was sich in Symptomen wie Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit äußern kann. [3]
Was passiert mit Östrogen in den Wechseljahren?
Die Wechseljahre gehen mit bedeutenden hormonellen Veränderungen einher. Zu Beginn schwanken die Spiegel von Östrogen und Progesteron stark, bevor sie allmählich und schließlich dauerhaft abnehmen. Diese Prozesse markieren das Ende der fruchtbaren Lebensphase und können verschiedene Beschwerden hervorrufen.
Phasen der Wechseljahre
Die Wechseljahre lassen sich in drei medizinisch relevante Phasen unterteilen:
- Perimenopause: Diese Phase beginnt einige Jahre vor der letzten Regelblutung und dauert etwa bis ein Jahr danach an. Der Hormonspiegel, insbesondere Östrogen und Progesteron, schwankt deutlich. Erste typische Beschwerden wie Hitzewallungen oder Zyklusunregelmäßigkeiten treten häufig in dieser Phase auf.
- Menopause: Die Menopause ist kein Zeitraum, sondern ein Zeitpunkt. Sie markiert den Tag der letzten spontanen Menstruation. Er wird rückblickend bestimmt, wenn die Regelblutung zwölf Monate lang ausgeblieben ist.
- Postmenopause: Sie beginnt nach der Menopause. In dieser Phase bleibt der Östrogenspiegel dauerhaft niedrig, was langfristige Auswirkungen auf Knochen, Schleimhäute und das Herz-Kreislauf-System haben kann. [4, 5]
Hinweis: Die Prämenopause zählt medizinisch nicht zu den Wechseljahren. Sie bezeichnet die reproduktive Lebensphase vor Beginn der hormonellen Veränderungen, in der der Zyklus noch regelmäßig verläuft und keine typischen eine typischen klimakterischen Symptome auftreten.
Hormonelle Schwankungen und ihre Auswirkungen
In den Wechseljahren führt das Ungleichgewicht zwischen Östrogen und Progesteron zu unterschiedlichen Symptomen:
Östrogendominanz
In der Perimenopause kann es zu einem relativen Überschuss an Östrogen kommen. Durch einen oft fehlenden Eisprung wird nicht ausreichend Progesteron gebildet. Ein Ungleichgewicht zwischen diesen beiden Hormonen entsteht. Dabei ist der Östrogenspiegel nicht unbedingt zu hoch, sondern einfach nur im Verhältnis zu Progesteron zu stark. Typische Symptome sind:
- Starke oder lange Blutungen
- Brustschmerzen
- Wassereinlagerungen
- Verstärkte Beschwerden vor der Menstruation
Eine ballaststoffreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung, Stressabbau und eine ausgewogene Lebensweise können helfen, die Beschwerden zu lindern [3].
Östrogenmangel
Ein ausgeprägter Östrogenmangel tritt meist gegen Ende der Perimenopause auf. Typische Symptome sind [4,5]:
- Hitzewallungen und Nachtschweiß
- Vaginale Trockenheit
- Schlafstörungen
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- Herzrasen bzw. Herstolpern
- Stimmungsschwankungen
- Haut- und Haarveränderungen
- Knochenabbau
Behandlungsmöglichkeiten bei Östrogenmangel
Die Behandlung von Beschwerden, die mit einem Östrogenmangel einhergehen, sollte individuell erfolgen. Zu den Optionen gehören [4]:
- Hormonersatztherapie (HRT): Kombinationen aus naturidentischem Östrogen und Progesteron lindern Symptome eines Östrogenmangels wie Hitzewallungen, vaginale Trockenheit und Schlafstörungen. Die Therapie erfordert regelmäßige ärztliche Kontrollen, um mögliche Nebenwirkungen zu minimieren.
- Phytoöstrogene: Pflanzliche Östrogene wie Isoflavone aus Sojaprodukten können unterstützend wirken, insbesondere bei leichteren Beschwerden. Die Anwendung sollte jedoch mit einem Arzt oder einer Ärztin abgestimmt werden.
- Pflanzliche Medikamente: Präparate mit Traubensilberkerze (Cimicifuga) zeigen nachweislich eine Wirkung [2]. Andere pflanzliche Mittel wie Rhapontik-Rhabarber, Ginseng oder das hormonfreie Präparat Fezolinetant zeigen ebenfalls positive Effekte. Studien belegen, dass der Extrakt aus Rhapontikrhabarber durch seine Interaktion mit Östrogenrezeptoren typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen lindern kann [8]. Diese Mittel sind vielversprechend, auch wenn weitere Forschung notwendig ist, um ihre langfristige Wirksamkeit zu bewerten [6, 7, 8, 9]. Sprich die Einnahme mit einem Arzt oder einer Ärztin ab, um Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen zu vermeiden.
Östrogenwert überprüfen lassen
Bei Beschwerden in den Wechseljahren kann eine gynäkologische Untersuchung Klarheit schaffen. Die Therapie orientiert sich dabei an den klinischen Symptomen und nicht allein an den Blutwerten. Sollte keine ausreichende Linderung der Beschwerden erzielt werden, kann eine Überprüfung der Hormonwerte, wie Östrogen, FSH (follikelstimulierendes Hormon), LH (luteinisierendes Hormon) oder gegebenenfalls Testosteron, sinnvoll sein.
Eine frühzeitige Diagnostik und individuelle Therapieoptionen ermöglichen es, die Beschwerden gezielt zu lindern. Je nach Befund kann deine Ärztin oder dein Arzt entscheiden, ob beispielsweise pflanzliche Präparate, Hormonersatztherapie oder andere Maßnahmen infrage kommen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen helfen, die Therapie optimal an die individuellen Bedürfnisse anzupassen.
Quellen
[1] Östrogen. Gesundheitsinformation. https://www.gesundheitsinformation.de/glossar/oestrogen.html
[2] What are the symptoms of high estrogen? Medical News Today. https://www.medicalnewstoday.com/articles/323280
[3] Wechseljahrsbeschwerden selbst lindern. Gesundheitsinformation. https://www.gesundheitsinformation.de/wechseljahrsbeschwerden-selbst-lindern.html
[4] Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Diagnostik und Interventionen in der Peri- und Postmenopause: Leitlinienprogramm. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf
[5] Mögliche Beschwerden in den Wechseljahren. Frauengesundheitsportal. https://www.frauengesundheitsportal.de/themen/wechseljahre/moegliche-beschwerden-in-den-wechseljahren/
[6] Barton, D.L., et al. (2018). Fezolinetant in Women With Moderate to Severe Vasomotor Symptoms Associated With Menopause. Menopause: The Journal of The North American Menopause Society. https://doi.org/10.1097/GME.0000000000001130 .
[7] Franco, O.H., et al. (2016). Use of Plant-Based Therapies and Menopausal Symptoms: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2529629
[8] Vollmer, G., et al. (2010). Treatment of menopausal symptoms by an extract from the roots of rhapontic rhubarb: the role of estrogen receptors. Chinese Medicine. https://cmjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1749-8546-5-7
[9] Kim, J.H., et al. (2013). Ginseng and Its Role in the Management of Menopausal Symptoms. The Journal of Ginseng Research. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23717154/
[10] Cui, J., Shen, Y., & Li, R. (2013). Estrogen synthesis and signaling pathways during aging: from periphery to brain. Trends in molecular medicine, 19(3), 197–209. https://doi.org/10.1016/j.molmed.2012.12.007