Warum treten Schlafstörungen in den Wechseljahren auf?
Ungefähr 50 % der Frauen in ihrer Lebensmitte berichten über Schlafprobleme, die mit den Wechseljahren zusammenhängen können. Darüber hinaus entwickeln etwa 20 % der Frauen während des Übergangs zur Menopause eine Schlafapnoe – kurze Atemaussetzer während des Schlafs. [1]
Schlechter Schlaf durch Hormonveränderungen?
Besonders häufig treten Schlafstörungen in der Peri- und Postmenopause auf – die Phasen vor und nach der letzten Menstruation. Das liegt vor allem an den starken Hormonschwankungen, die in dieser Zeit am größten sind. Insbesondere Durchschlafprobleme, aufgrund von vermehrtes nächtliches Erwachen, scheinen dabei vorzukommen [2]. Dabei konnte beobachtet werden, dass je schneller der Östrogenspiegel absinkt, desto stärker äußern sich Wechseljahresbeschwerden, wie Schlafstörungen [7].
Verschiedene Faktoren können den Schlaf in der Lebensmitte stören – dazu gehören altersbedingte Veränderungen des Schlafmusters, anhaltender Stress, Grübeln oder eine ungünstige Schlafhygiene. In den Wechseljahren rücken jedoch hormonelle Umstellungen in den Vordergrund: Vor allem der Rückgang von Östrogen und Progesteron wird als möglicher Auslöser für Ein- und Durchschlafstörungen diskutiert [7].
Die Studienlage ist dabei nicht eindeutig – es gibt Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Hormonveränderungen und gestörtem Schlaf, aber die Ursache ist bislang nicht abschließend belegt. Wahrscheinlich ist, dass hormonelle und nicht-hormonelle Faktoren gemeinsam auf das Schlafverhalten einwirken und sich wechselseitig beeinflussen [3,4].
Was den Schlaf außerdem beeinflusst
In den Wechseljahren verändern sich viele Prozesse im Körper, die sich auf den Schlaf auswirken können [2,5]:
- Die Tiefschlafphasen werden kürzer. Häufigeres nächtliches Aufwachen und Schwierigkeiten beim Wiedereinschlafen sind die Folge – mitunter auch bedingt durch eine beginnende Schlafapnoe.
- Die Temperaturregulation gerät aus dem Gleichgewicht. Nächtliche Hitzewallungen können das Durchschlafen erheblich stören.
- Der empfundene Stress nimmt in dieser Lebensphase oft zu – nächtliches Grübeln oder kreisende Gedanken sind die Folge.
- Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen oder sogar eine Depression können entstehen und den Schlaf zusätzlich beeinträchtigen.
Folgen von Schlafstörungen in den Wechseljahren
Anhaltende Schlafstörungen in den Wechseljahren können weitreichende Folgen haben. Sie können sich negativ auf deine Leistungsfähigkeit und Produktivität am Tag auswirken und das Risiko für psychische und physische Erkrankungen erhöhen. Gesundheitliche Folgen können sein [1,2,5]:
- Verringerte Lebensqualität und Arbeitsleistung
- Konzentrationsprobleme
- Erhöhte Tagesmüdigkeit und weniger körperliche Aktivität
- Höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall
- Stimmungsschwankungen, erhöhte Reizbarkeit und Stresserleben
- Erhöhtes Risiko für Depressionen und Angstzustände
- Gewichtszunahme durch erhöhte Nahrungsaufnahme und veränderte Hormone
- Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes
- Geschwächtes Immunsystem
All diese gesundheitlichen Folgen von Schlafstörungen könnten deine Lebensqualität spürbar beeinträchtigen. Ständige Müdigkeit, Erschöpfung und Stimmungsschwankungen belasten den Alltag und machen selbst einfache Aufgaben herausfordernd. Da sich die Wechseljahre über mehrere Jahre erstrecken, sind auch langfristige Auswirkungen auf deinen Schlaf nicht auszuschließen. Wenn du betroffen bist, ist es wichtig, aktiv gegenzusteuern.
Was hilft gegen Schlafstörungen?
Die Behandlung von Schlafstörungen in den Wechseljahren erfordert eine individuelle Herangehensweise, die sowohl medikamentöse als auch alternative Therapieansätze umfassen kann [4]. Dazu zählen:
- Verhaltensänderungen für eine bessere Schlafhygiene,
- nicht-medikamentöse Behandlungen und
- medikamentöse Behandlungen.
Tipps für einen besseren Schlaf – Schlafhygiene
Eine gute Schlafhygiene kann viel bewirken. Diese Maßnahmen können helfen [1,6,12]:
- Regelmäßiger Schlafrhythmus: Versuche, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen.
- Entspannende Abendroutine: Zum Beispiel eine beruhigende Tasse Tee trinken, Musik hören oder Tagebuch schreiben.
- Gedanken loslassen: Schreibe belastende Gedanken oder anstehende Aufgaben für den nächsten Tag von der Seele und erinnere dich an die schönen Erlebnisse des Tages oder führe ein Dankbarkeitstagebuch.
- Verbanne elektronische Geräte: Das Licht sowie die Inhalte können deinen Schlaf stören.
- Ruhige Schlafumgebung: Achte auf Dunkelheit und Temperatur: Das Schlafzimmer sollte nicht zu heiß oder zu kalt sein.
- Vermeide Nickerchen: Am späten Nachmittag oder Abend, denn dieser kann deinen nächtlichen Schlaf stören.
- Bewege dich tagsüber ausreichend: Am besten an der frischen Luft. Insbesondere Yoga soll förderlich sein. Vermeide jedoch Sport vor dem Schlafengehen, denn dieser könnte dich eher wieder wach machen.
- Vermeide abends große Mahlzeiten: Ernähre dich abends lieber leicht und bekömmlich.
- Ernähre dich gesund: Ausgewogen sowie Melatonin- und Tryptophan-reich, fördert die Ernährung den Schlaf. (z. B. in Hühnerfleisch, Fisch, Eier, Sauerkirschen, Tomaten, Paprika, Haferflocken oder Nüssen)
- Verzichte auf Alkohol, Rauchen und Koffein: Koffein, auch Teein, Nikotin und Alkohol am späten Nachmittag oder Abend können das Einschlafen erschweren.
- Bei nächtlichen kreisenden Gedanken: Konzentriere dich auf deinen Atem oder höre einen Podcast mit positiven Affirmationen.
- Entspanne dich tagsüber: Entspannungstechniken wie Yoga, progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Meditation können helfen, den Körper zu beruhigen und Stress abzubauen.
Bei all diesen, in der Summe recht anspruchsvollen, Verhaltensänderungen kann dir auch eine kognitive Verhaltenstherapie helfen. Neben der Therapie von depressiven Stimmungen, können Methoden gelernt werden, welche das eigene Wohlbefinden fördern. Die kognitive Verhaltenstherapie ist nachweislich wirksam bei der Behandlung von Schlaflosigkeit in den Wechseljahren. [2,4,6]
Alternative – nicht-medikamentöse Therapieansätze
Folgende nicht-medikamentöse Maßnahmen können den Schlaf fördern [4,8]:
Pflanzliche Mittel
- Johanniskraut, Baldrian, Hopfen und Melisse: Diese Heilpflanzen können beruhigend wirken und den Schlaf fördern.
- Kräuter- und Entspannungstees, zum Beispiel aus Mischungen aus oben genannten Kräutern. Auch ein kalter Salbeitee kann Hitzewallungen reduzieren und so indirekt deine Schlafqualität verbessern.
- Phyto-Östrogene wie z.B. in Leinsamen, Soja, Rotklee oder Hopfen sind pflanzliche, östrogen-ähnliche Stoffe, die den Östrogenmangel ausgleichen und so milde Hitzewallungen jedoch keine nächtlichen Schweißausbrüche lindern.
Weitere Maßnahmen
- Akupunktur: Studien zeigten, dass Akupunktur jedoch auch Scheinakupunktur die Häufigkeit von Hitzewallungen reduzieren können.
- Akupressur: Die Shakti-Matte kann durch sanften Akupressurreiz Verspannungen lösen und so auf natürliche Weise das Einschlafen erleichtern.
- Aromatherapie: Ätherische Öle wie Lavendel, Kamille oder Ylang-Ylang können helfen, Schlafstörungen in den Wechseljahren zu lindern, da diese beruhigend auf das Nervensystem wirken. Du kannst sie als Spray auf dein Kopfkissen sprühen, als Raumduft, Badezusatz oder Massageöl nutzen.
- Magnesium: Ein Magnesiummangel kann den Schlaf beeinträchtigen, da Magnesium an der Entspannung der Muskulatur und an der Regulation des Schlafhormons Melatonin beteiligt ist.
Auch wenn es sich um pflanzliche Mittel oder natürliche Maßnahmen handelt, haben sie Wirkungen sowie Wechsel- und Nebenwirkungen. Sprich die Einnahme oder Anwendung daher unbedingt mit deinem Arzt oder deiner Ärztin ab, insbesondere bei der Nutzung von Johanniskraut.
Medikamentöse Therapie bei Schlafstörungen in den Wechseljahren
Die Gabe von naturidentischem Östrogen und Progesteron kann helfen, die hormonellen Schwankungen auszugleichen, Hitzewallungen zu reduzieren und die Schlafqualität zu verbessern. Eine Hormonersatztherapie (HRT) sollte jedoch immer individuell abgewogen werden, da sie potenzielle Nebenwirkungen und Risiken, wie ein leicht erhöhtes Risiko für Brustkrebs oder Thrombosen, mit sich bringt. Die Therapie erfordert daher regelmäßige ärztliche Kontrollen. [2,4,6,7]
Für Frauen, die keine HRT in Anspruch nehmen können oder möchten, gibt es weitere, medikamentöse Optionen. Dazu zählen [6, 8-11]:
- Melatonin: Die zentrale Aufgabe des Schlafhormons Melatonin besteht in der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus. Es wird vom Körper selbst produziert – vor allem bei Dunkelheit – und erreicht in den frühen Nachtstunden seinen natürlichen Höchstwert. In synthetischer Form gehört Melatonin heute zu den am häufigsten eingesetzten Mitteln zur Behandlung von Schlafstörungen.
- Antidepressiva: Niedrig dosierte Antidepressiva wie Escitalopram oder Mirtazapin werden häufig eingesetzt, wenn Schlafstörungen gemeinsam mit depressiven Verstimmungen auftreten.
- Clonidin oder Gabapentin: Diese Medikamente können helfen, Hitzewallungen zu reduzieren, die oft die Hauptursache für Schlafprobleme sind. Sie sollten jedoch abends eingenommen werden, da zu ihren Nebenwirkungen Müdigkeit gehören kann.
- Fezolinetant ist ein Medikament, das zur Behandlung von Symptomen, wie Hitzewallungen und Nachtschweiß, in den Wechseljahren entwickelt wurde.
Fazit
Schlaf ist wichtig, damit Körper und Stoffwechsel im Gleichgewicht bleiben – er hilft dem Körper, sich zu erholen, neue Energie zu tanken und die inneren Abläufe zu steuern [5]. Da Schlafstörungen in den Wechseljahren oft multifaktoriell bedingt sind, ist eine ganzheitliche Betrachtung notwendig [3].
Die hormonellen Schwankungen in den Wechseljahren können nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus stören, sondern auch eine Vielzahl an Folgebeschwerden bewirken. Regelmäßige ärztliche Beratung und eine gute Information über mögliche Behandlungsoptionen sind wichtig, um die Schlafqualität nachhaltig zu verbessern und die Lebensqualität in dieser Lebensphase zu steigern.
Quellen
[1] Hall, M.H., Kline, C.E. & Nowakowski, S. (2015). Insomnia and sleep apnea in midlife women: prevalence and consequences to health and functioning. F1000Prime Rep. 2015 May 26;7:63. doi: 10.12703/P7-63.
[2] Baker, F.C., Lampio, L., Saaresranta, T. & Polo-Kantola, P. (2018). Sleep and Sleep Disorders in the Menopausal Transition. In: Sleep Med Clin. 2018 Sep;13(3):443-456. doi: 10.1016/j.jsmc.2018.04.011.
[3] Hatcher, K.M., Smith, R.L., Chiang,. C., Flaws, J.A. & Mahoney, M.M. (2022). Nocturnal Hot Flashes, but Not Serum Hormone Concentrations, as a Predictor of Insomnia in Menopausal Women: Results from the Midlife Women’s Health Study. In: J Womens Health (Larchmt). 2023 Jan;32(1):94-101. doi: 10.1089/jwh.2021.0502.
[4] Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe-DGGG / AWMF online (2020): S3-Leitlinie: Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen.In: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf
[5] Kravitz, H.M., Kazlauskaite, R. & Joffe, H. (2018). Sleep, Health, and Metabolism in Midlife Women and Menopause: Food for Thought. In: Obstet Gynecol Clin North Am. 2018 Dec;45(4):679-694. doi: 10.1016/j.ogc.2018.07.008.
[6] Santoro, N., Roeca, C., Peters, B.A. & Neal-Perry, G. (2021). The Menopause Transition: Signs, Symptoms, and Management Options. In: The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, Volume 106, Issue 1, January 2021, Pages 1–15, https://doi.org/10.1210/clinem/dgaa764
[7] Haufe, A., Baker, F.C. & Leeners, B.(2022). The role of ovarian hormones in the pathophysiology of perimenopausal sleep disturbances: A systematic review. Sleep Medicine Reviews, Volume 66, December 2022, 101710, ISSN 1087-0792 https://doi.org/10.1016/j.smrv.2022.101710.
[8] Dhillon, V. S., Deo, P., Thomas, P., & Fenech, M. (2023). Low Magnesium in Conjunction with High Homocysteine and Less Sleep Accelerates Telomere Attrition in Healthy Elderly Australian. International Journal of Molecular Sciences, 24(2), 982. https://doi.org/10.3390/ijms24020982
[9] Tuft, C., Matar, E., Schrire, Z. M., Grunstein, R. R., Yee, B. J., & Hoyos, C. M. (2023). Current Insights into the Risks of Using Melatonin as a Treatment for Sleep Disorders in Older Adults. Clinical Interventions in Aging, 18, 49. https://doi.org/10.2147/CIA.S361519
[10] Proserpio P, Marra S, Campana C, Agostoni EC, Palagini L, Nobili L, Nappi RE. (2020). Insomnia and menopause: a narrative review on mechanisms and treatments. Climacteric. 2020 Dec;23(6):539-549. doi: 10.1080/13697137.2020.1799973
[11] Barton, D.L., et al. (2018). Fezolinetant in Women With Moderate to Severe Vasomotor Symptoms Associated With Menopause. Menopause: The Journal of The North American Menopause Society. https://doi.org/10.1097/GME.0000000000001130
[12] Sejbuk, M., Mirończuk-Chodakowska, I. & Witkowska, A. M. (2022). Sleep Quality: A Narrative Review on Nutrition, Stimulants, and Physical Activity as Important Factors. Nutrients. 2022 May 2;14(9):1912. doi: 10.3390/nu14091912.