Hormonersatztherapie: Chancen und Risiken

In den Wechseljahren produziert der Körper weniger Östrogen und Progesteron, was zu belastenden Symptomen wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Haarausfall oder trockenen Schleimhäuten führen kann. Die Hormonersatztherapie – auf Englisch „Hormone replacement therapy“ (HRT) – beschreibt eine Behandlung mit Hormonpräparaten, die diese Beschwerden gezielt lindern soll.

Inhaltsverzeichnis

Hormonmangel oder ein natürlicher Prozess?

Manche Expert:innen sehen den Begriff „Hormonersatztherapie“ kritisch, da er den Eindruck erweckt, dass ein Mangel vorliegt. Die verminderte Hormonproduktion in den Wechseljahren ist jedoch ein natürlicher Vorgang. Mit zunehmendem Alter stellt der Körper die Produktion von Östrogen und Progesteron nach und nach ein, typischerweise ab einem Alter von etwa 45 bis 55 Jahren.

Dieser Rückgang markiert den Übergang in die Menopause, der Phase, in der die Fruchtbarkeit endet. Ziel der HRT ist es, Symptome gezielt zu lindern und nicht, die Hormonsituation vor den Wechseljahren wiederherzustellen. Aus diesem Grund schlagen einige Expert:innen vor, den Begriff „Hormontherapie“ zu verwenden [1].

Wann und warum wird die Hormonersatztherapie empfohlen?

Die Hormonersatztherapie (HRT) wird empfohlen, wenn Wechseljahrssymptome als belastend empfunden werden und die Lebensqualität beeinträchtigen. Häufige Gründe für eine HRT sind:

  • Hitzewallungen
  • Intensives nächtliches Schwitzen
  • Schlafstörungen
  • depressive Verstimmungen und Stimmungsschwankungen, Aggressivität
  • Gelenkbeschwerden, Frozen Shoulder
  • Harninkontinenz
  • Gewichtszunahme, vor allem am Bauch
  • Schleimhauttrockenheit und eine Verdünnung der Haut- und Schleimschichten im Genitalbereich, die Beschwerden wie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Libidoverlust oder wiederkehrende Harnwegsinfekte verursachen können

In Einzelfällen kann die HRT auch zur Vorbeugung von Osteoporose infrage kommen, wenn andere Präventionsmethoden nicht möglich sind. Osteoporose beschreibt eine krankhafte Verminderung der Knochendichte, wodurch die Knochen poröser, brüchiger und anfälliger für Brüche werden.

Grundsätzlich gilt: Hormone sollten nur bei spürbaren Beschwerden eingesetzt werden. Ein Beratungsgespräch mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt hilft, die für dich passende Entscheidung zu treffen. Nach einer gründlichen Anamnese erfolgt eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung, da die Therapie auch Nebenwirkungen haben kann [2, 3, 6].

Hormone: Keine vorbeugende Therapie

Eine vorbeugende Einnahme von Hormonen wird nicht empfohlen. Nur bei einem hohen Risiko für Osteoporose kann eine HRT sinnvoll sein, wenn andere Medikamente ungeeignet sind. Ein hohes Risiko besteht insbesondere bei familiärer Vorbelastung, fortgeschrittenem Alter oder bestimmten Erkrankungen. Ob eine HRT infrage kommt, entscheidet deine Ärztin oder dein Arzt nach einer individuellen Bewertung und Abwägung der Vor- und Nachteile. [1, 6]

Einschränkungen und Abwägung der Hormonersatztherapie

In bestimmten Fällen wird von einer Hormonersatztherapie (HRT) abgeraten, zum Beispiel bei:

  • Bestehendem Brustkrebs oder Gebärmutterschleimhautkrebs mit Hormonrezeptoren
  • Bestimmten Formen des Gebärmutterhalskrebses und Eierstockkrebs
  • Schweren Lebererkrankungen
  • Einer bestehenden Thrombose
  • Herzinfarkt oder Schlaganfall [2, 3, 6]

Eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung durch deine Frauenärztin oder deinen Frauenarzt ist entscheidend, um die HRT optimal an deine Bedürfnisse anzupassen. Dabei werden alle relevanten Gesundheitsrisiken sorgfältig besprochen und geprüft. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen helfen, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und die Therapie bei Bedarf anzupassen. Auch Risiken wie Darmkrebs, Alzheimer, Herzinfarkt oder Schlaganfall werden in die Entscheidung einbezogen, sind jedoch allein kein Grund für oder gegen eine HRT.

Wie funktioniert die Hormonersatztherapie?

Bei der Hormonersatztherapie werden meist künstlich hergestellte Östrogene und manchmal auch Gestagene – eine Form von Progesteron – zugeführt. Östrogene und Gestagene sind Hormone, die maßgeblich den weiblichen Zyklus, die Fortpflanzung und viele Stoffwechselprozesse beeinflussen. In den Wechseljahren sinkt die Produktion dieser Hormone, was zu den typischen Beschwerden führen kann.

Durch die Hormonzufuhr sollen Symptome wie Hitzewallungen, Nachtschweiß und Schlafstörungen gemildert werden. Die Hormone können auf verschiedene Arten verabreicht werden. Die HRT kann sowohl im ganzen Körper (systemisch) als auch lokal wirken. Die Therapie erfolgt unter ärztlicher Begleitung, um die Dosierung regelmäßig anzupassen und mögliche Nebenwirkungen zu beobachten.

  • Systemische HRT: Hormone wirken im gesamten Körper, etwa als Tablette, Gel, Creme oder Pflaster. Diese Form ist bei intensiven Beschwerden besonders geeignet.
  • Lokale HRT: Hormone wirken lokal, etwa in der Vagina, und werden in Form von Creme, Gel, Tablette, Zäpfchen oder Ring eingesetzt, vor allem bei Schleimhauttrockenheit.

Dauer und Dosierung

Die HRT erfolgt in der geringsten wirksamen Dosis, um Beschwerden zu lindern. Die Therapie wird ärztlich begleitet. Regelmäßige Kontrolltermine sind wichtig. Bei diesen Terminen kann die Dosierung überprüft und angepasst werden, falls sich Symptome oder Gesundheitswerte verändern. Langfristig wird empfohlen, die Notwendigkeit der HRT regelmäßig zu bewerten und die Therapie gegebenenfalls anzupassen oder zu beenden [1].

Vorteile und Risiken der Hormonersatztherapie

Die Hormonersatztherapie (HRT) kann typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schlafprobleme lindern und so die Lebensqualität steigern. Zusätzlich kann sie das Risiko für Osteoporose verringern. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass die HRT das Risiko für Darmkrebs, Typ-2-Diabetes und Herzinfarkt senken kann [3, 1].

Gleichzeitig birgt die HRT jedoch auch Risiken: Sie kann das Risiko für bestimmte Krebsarten, wie Brust- und Gebärmutterkrebs, sowie für Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfälle leicht erhöhen. Häufige Nebenwirkungen bei falscher Dosierung sind Brustspannen und vaginale Blutungen, insbesondere bei der Einnahme von Östrogen-Gestagen-Präparaten. Bei richtiger Dosierung treten diese Nebenwirkungen in der Regel nicht auf. Eine sorgfältige Abwägung der Vorteile und Risiken in Absprache mit deiner Ärztin oder deinem Arzt ist daher unerlässlich [4, 2, 1].

Alternative Behandlungsmethoden

Neben der Hormonersatztherapie stehen verschiedene andere Möglichkeiten zur Verfügung, um Wechseljahresbeschwerden zu lindern. Auch Anpassungen des Lebensstils können positive Effekte haben. Folgende alternative Ansätze können hilfreich sein:

  • Vaginale Feuchtigkeitscremes, wie Vagisan Creme und Deumavan oder auch Granatapfelkernöl Ovula, können bei Scheidentrockenheit helfen, indem sie die Feuchtigkeit und Elastizität der Schleimhaut im Genitalbereich verbessern. 
  • Das Antidepressivum Venlafaxin verbessert nachweislich die Schlafqualität und unterstützt das allgemeine Wohlbefinden.
  • Kognitive Verhaltenstherapie kann hilfreich sein, um Beschwerden wie Nachtschweiß und Schlaflosigkeit zu reduzieren.
  • Bewegung und Sport tragen zur Linderung von Angst- und Depressionssymptomen bei und steigern das psychische Wohlbefinden.
  • Pflanzliche Präparate wie Lavendel, Soja oder Rotklee zeigen Potenzial bei Hitzewallungen, wobei weitere Studien nötig sind, um die Wirksamkeit zu bestätigen.
  • Akupunktur hat in manchen Fällen positive Effekte auf Schlafqualität und Hitzewallungen gezeigt.

Diese Methoden bieten eine natürliche Unterstützung und können allein oder in Kombination mit anderen Ansätzen helfen, deinen Alltag in den Wechseljahren angenehmer zu gestalten [5].

Fazit

Die Hormonersatztherapie bietet eine wirksame Option zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden und kann die Lebensqualität von Frauen in den Wechseljahren deutlich verbessern. Die Entscheidung für eine HRT sollte jedoch sorgfältig abgewogen werden, da die Therapie neben Vorteilen auch Risiken mit sich bringt. Alternative Methoden können ergänzend oder als eigenständige Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Eine enge ärztliche Begleitung und regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind entscheidend, um die bestmögliche individuelle Entscheidung zu treffen und die Behandlung bei Bedarf anzupassen.

Quellen

[1] Krebsinformationsdienst.de. (2020). Wechseljahre und Hormontherapie: Leitlinie für Ärzte veröffentlicht. Verfügbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/wechseljahre-und-hormontherapie-leitlinie-fuer-aerzte-veroeffentlicht

[2] Mueck, A.O. (2015). Anwendungsempfehlungen zur Hormonsubstitution in Klimakterium und Postmenopause. Gynäkologische Endokrinologie, 13(4), S. 270–273. https://doi.org/10.1007/s10304-015-0039-x

[3] gesundheitsinformation.de. (2015). Hormontherapie gegen Wechseljahrsbeschwerden. Verfügbar unter: https://www.gesundheitsinformation.de/hormontherapie-gegen-wechseljahrsbeschwerden.html

[4] Frauenaerzte-im-netz.de. (2015). Hormonersatztherapie (HRT). Verfügbar unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/koerper-sexualitaet/wechseljahre-klimakterium/hormonersatztherapie-hrt/

[5] NICE. (n.d.). Managing short-term menopausal symptoms | NICE guideline NG23. Verfügbar unter: https://www.nice.org.uk/consultations/672/10/managing-short-term-menopausal-symptoms

[6] Inwald, E.C., Albring, C., Baum, E., Beckermann, M.J., Bühling, K.J., Emons, G., et al. (2021). Perimenopause and Postmenopause – Diagnosis and Interventions. Guideline of the DGGG and OEGGG (S3-Level). https://doi.org/10.1055/a-1361-1948

Mitwirkende Autor:innen

  • Esther Berndt ist Physiotherapeutin und hat Gesundheit und Management (B.Sc.) studiert. Seit 2021 unterstützt sie das Content Development Team im Bereich Bewegung.

  • Das MENO! Redaktionsteam setzt sich aus erfahrenen und qualifizierten Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Dazu gehören Expert:innen aus den Bereichen Medizin, Ernährungswissenschaft/Ökotrophologie, Sport- und Gesundheitswissenschaften sowie der klinischen Psychologie. Unser Ziel ist es, allen Leser:innen verlässliche, gut verständliche und wissenschaftlich fundierte Gesundheitsinformationen zu bieten. Jeder Artikel wird sorgfältig auf Aktualität, Fachlichkeit und eine wertfreie Darstellung geprüft, um zu einer informierten und offenen Auseinandersetzung mit dem Thema beizutragen.

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