Was ist Demenz?
Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der geistige Fähigkeiten wie Erinnerung, Sprache und Orientierung nach und nach beeinträchtigt werden. Sie tritt meist im höheren Alter auf, kann aber auch früher beginnen. Es gibt verschiedene Formen: Die häufigste ist die Alzheimer-Krankheit, gefolgt von vaskulären Demenzen, Lewy-Körperchen-Demenz und frontotemporaler Demenz.
Mit Fortschreiten der Erkrankung sind Betroffene zunehmend auf Hilfe angewiesen. Neben Gedächtnisproblemen können auch Stimmungsschwankungen, Rückzug und Unsicherheit auftreten. [1]
Grundsätzlich kann Demenz in jedem Alter auftreten, allerdings steigt das Risiko mit höherem Alter stark an. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren Ende 2023 1,8 Millionen Deutsche an Demenz erkrankt, davon 1,2 Millionen Frauen und 0,6 Millionen Männer. Circa 1,7 Millionen Menschen mit Demenz waren 65 Jahre alt oder älter. [2]
Ursachen von Demenz
Die Ursachen von Demenz sind vielfältig. Fachleute unterscheiden grundsätzlich zwischen primären und sekundären Formen [1]:
1. Primäre Demenzen: Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit (60–80 %). Hier lagern sich krankhafte Eiweiße im Gehirn ab, die Nervenzellen schädigen. Weitere primäre Formen sind vaskuläre Demenzen, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn entstehen, sowie Lewy-Körperchen-Demenz und frontotemporale Demenz.
2. Sekundäre Demenzen: Sie sind seltener und können potenziell heilbar sein, wenn die zugrundeliegende Ursache behandelt wird. Dazu zählen Symptome durch Vitaminmangel (zum Beispiel B12), Schilddrüsenerkrankungen, chronischen Alkoholmissbrauch oder bestimmte Medikamente. Auch hormonelle Einflüsse, etwa der Östrogenabfall in den Wechseljahren, werden diskutiert.
Zusammenhang Demenz und Wechseljahre
Die hormonellen Schwankungen in den Wechseljahren können diverse Symptome der Wechseljahre wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Gedächtnisprobleme hervorrufen. Letztere werden in der Regel als Konzentrationsstörungen oder Brainfog (engl. für Gehirnnebel) bezeichnet. Diese sind vorübergehend und nicht mit Demenz gleichzusetzen. Dennoch werden einige wichtige Zusammenhänge zwischen Wechseljahren und Demenz diskutiert [3, 4]:
- Schwere Beschwerden: Frauen mit sehr starken Wechseljahresbeschwerden, insbesondere Hitzewallungen oder kognitiven Problemen wie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen, zeigen in manchen Studien ein erhöhtes Risiko für spätere kognitive Störungen. [4, 5, 6, 7]
- Alter bei Menopause: Wenn die Menopause sehr früh eintritt, also vor dem 40. oder 45. Lebensjahr, besteht ein höheres Demenzrisiko im späteren Leben. Eine mögliche Erklärung ist die kürzere Lebenszeit mit körpereigenem Östrogen und dessen schützenden Eigenschaften. [8, 9, 10]
Symptome von Demenz: Erste Warnsignale erkennen
Erste Anzeichen von Demenz können den Symptomen des Brainfogs sehr ähnlich sein. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede. Wenn du dir unsicher bist, lass langanhaltende Symptome unbedingt ärztlich abklären. Hier eine Übersicht über Demenz-Symptome und die Abgrenzung zum Brainfog [1, 2, 3, 4]:
| Brain Fog (hormonell bedingt) | Demenz | |
| Ursache | Hormonveränderungen, v. a. Östrogenabfall in den Wechseljahren | Neurodegenerative Erkrankung(z. B. Alzheimer) |
| Beginn | Häufig in den Wechseljahren (40–55 Jahre) | Meist ab 65+, selten vorher |
| Verlauf | Schwankend, Besserung durch Schlaf oder Stressabbau möglich | Langsam fortschreitend, ohne Besserung |
| Gedächtnisprobleme | Leichte Vergesslichkeit, Information kommt oft später wieder | Verlust wichtiger Informationen, Erinnerungen gehen dauerhaft verloren |
| Alltagskompetenz | Alltag bleibt weitgehend erhalten, evtl. etwas mehr Organisation nötig | Zunehmende Probleme bei alltäglichen Aufgaben und Orientierung |
| Reversibilität | Vorübergehend, kann sich nach hormoneller Umstellung normalisieren | Irreversibel, verschlechtert sich fortschreitend |
| Weitere Symptome | Konzentrationsprobleme, geistige Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen | Sprachprobleme, Orientierungslosigkeit, Persönlichkeitsveränderungen, sozialer Rückzug |
Demenz vorbeugen: Tipps für Prävention
Wenn du zu den Frauen gehörst, bei denen die Menopause besonders früh, also vor dem 40. und 45. Lebensjahr, einsetzt, oder du unter besonders starken Wechseljahresbeschwerden leidest, solltest du deine kognitive Gesundheit besonders im Blick behalten. Bestimmte Lebensstilmaßnahmen können helfen, das Risiko für Demenz zu senken [1, 10, 24, 25]:
1. Ein gesunder Lebensstil: Eine ausgewogene Ernährung wie die mediterrane Kost, regelmäßige Bewegung, Gewichtskontrolle, Verzicht auf Rauchen und Alkohol sowie geistige Aktivität wirken sich positiv auf die Gehirngesundheit aus.
2. Hormonersatztherapie (HRT): Eine HRT kann in Einzelfällen das Demenzrisiko beeinflussen. Der Nutzen hängt stark vom Zeitpunkt des Beginns, der Behandlungsdauer und den individuellen Risiken ab. Wichtig ist eine ärztliche Abklärung.
3. Schlaf und Stressmanagement: Ausreichender Schlaf und Entspannungsstrategien wie Achtsamkeit, Yoga oder Atemübungen unterstützen das Gedächtnis.
4. Geistige und soziale Aktivitäten: Neues lernen, kreativ sein, lesen, musizieren und soziale Kontakte pflegen fördern die geistige Leistungsfähigkeit.
5. Nahrungsergänzungsmittel (NEM): Vitamin D, B-Vitamine oder Omega-3-Fettsäuren können bei nachgewiesenem Mangel sinnvoll sein. Für eine allgemeine Demenzprävention fehlen jedoch belastbare Belege.
Einfluss einer Hormonersatztherapie auf das Demenzrisiko
Der Zusammenhang zwischen einer Hormonersatztherapie (HRT) und Demenz ist komplex und nicht abschließend geklärt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung. Folgende Erkenntnisse werden diskutiert: [3, 11]
Zeitpunkt des Beginns der HRT
Wird eine HRT im Alter von etwa 46 bis 56 Jahren begonnen, deuten manche Studien auf mögliche schützende Effekte hin. Wenn der Beginn jedoch deutlich später liegt, zum Beispiel ab 60 Jahren, kann sich das Risiko für Demenz erhöhen. [12, 13, 14, 15]
Art der HRT
Eine Östrogen-Einzeltherapie (insbesondere nach einer chirurgischen Entfernung der Gebärmutter) zeigt ein anderes Risikoprofil für die Entwicklung einer Demenz als eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie. Beobachtungsdaten deuten außerdem darauf hin, dass transdermale Präparate (Pflaster, Gel) möglicherweise günstiger sind als Tabletten. Die Datenlage bleibt jedoch uneinheitlich. [13, 16, 17, 18]
Individuelle Risikofaktoren
Demenz-Risikofaktoren wie z.B. genetische Faktoren, Schlafmangel, Depression und Stress spielen in den Wechseljahren ebenfalls eine Rolle und müssen bei der Entscheidungsfindung, ob und wann HRT sinnvoll ist, berücksichtigt werden. [19, 20, 21, 22]
Was bedeutet das für dich?
Ob eine Hormonersatztherapie (HRT) für dich sinnvoll ist, hängt von deiner individuellen Situation ab. Ziel der Behandlung ist in erster Linie die Linderung von Wechseljahresbeschwerden sowie der Schutz vor Osteoporose. Für die Vorbeugung von Demenz wird eine HRT jedoch nicht empfohlen.
Jede Gynäkologin und jeder Gynäkologe sollte vor der Verschreibung einer HRT eine ausführliche Anamnese durchführen und mögliche Risikofaktoren abfragen. In der Praxis bleibt dafür allerdings oft wenig Zeit, und nicht alle Ärzt:innen sind auf die Menopause-Behandlung spezialisiert. Inzwischen gibt es jedoch spezielle Menopausensprechstunden, in denen sich Frauen gezielt beraten lassen können. Diese Angebote gibt es sowohl in gynäkologischen Praxen als auch online. Teilweise müssen Patientinnen die Kosten selbst tragen, die Preise variieren jedoch je nach Anbieter.
Besprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt genau:
- welche Vorteile eine HRT für dich bringen kann,
- welche Risiken bestehen (zum Beispiel Brustkrebs, Thrombosen, Schlaganfall oder möglicherweise Demenz),
- und welche nicht-hormonellen Alternativen infrage kommen.
Eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken ist dabei entscheidend. [3]
Zusammenhang Östrogen und Demenzrisiko
Östrogen spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Gehirns. Studien zeigen, dass dieses Hormon verschiedene Schutzmechanismen unterstützt [23]:
- Es verbessert die Energieversorgung der Nervenzellen.
- Es fördert die Bildung neuer Synapsen und die Regeneration von Nervenzellen.
- Es steigert die Durchblutung im Gehirn.
- Es unterstützt den Abbau von Beta-Amyloid, einem Risikofaktor für Alzheimer.
- Es wirkt entzündungshemmend und schützt vor oxidativem Stress.
Diese biologischen Effekte erklären, warum ein Mangel an Östrogen nach der Menopause möglicherweise zur Anfälligkeit für Demenz beiträgt. Wichtig ist jedoch: Die nachgewiesenen Schutzwirkungen stammen vor allem aus Labor- und Tierstudien. Für einen direkten Nutzen beim Menschen gibt es bislang keine eindeutigen Belege. [26, 27]
Fazit
Ein früher Beginn der Menopause vor dem 40. oder 45. Lebensjahr sowie starke Wechseljahresbeschwerden gelten als mögliche Risikofaktoren für eine spätere Demenz. Die Forschung zu diesem Thema steckt jedoch noch in den Anfängen. Auch die Frage, ob eine Hormonersatztherapie (HRT) das Risiko senken oder erhöhen kann, ist noch nicht eindeutig beantwortet.
Am besten belegt sind derzeit Lebensstilmaßnahmen: eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, soziale Kontakte und geistige Aktivität. Diese Faktoren können dein Risiko nachweislich senken und unterstützen zugleich deine allgemeine Gesundheit.
Quellen
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